Online-Ökonomie
Die Finanzierung des Online-Journalismus am Beispiel der Online-Zeitungen
„Is Paid Content King?“
Etwa zehn Jahre sind seit dem ersten Internet-Boom Mitte der 1990er Jahre vergangen. Der Goldgräberstimmung während der Pionierzeit folgte insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht Ernüchterung. Galt beispielsweise lange die Devise „Content is King“ in Online-Redaktionen als richtungsweisend, stellt sich heute mehr denn je die Frage nach tragfähigen Geschäftsmodellen. Denn bisher erwirtschaftet noch keine einzige in Deutschland erscheinende Online-Zeitung Gewinne aus eigener Geschäftstätigkeit. Betrieb und Investitionen in Qualität und Reichweiten bleibt somit weiterhin ein Subventionsgeschäft (vgl. Vogel, 2001).
Strategische Neuorientierung
Weshalb gibt es also all die Angebote, für deren Erstellung die Anbieter Kapital einsetzen aber auf absehbare Zeit nicht wiedergewinnen können? Zu den Hauptgründen für die Online-Präsenz von Tageszeitungen gehört nach Pürer (2004) in erster Linie der Erhalt des Stammgeschäfts beispielsweise durch Cross-mediale Bereitstellung und Mehrfachverwertung von Inhalten zur Stärkung der Leser-Blatt-Bindung.
Als zweite strategische Hauptzielsetzung bei der Positionierung etablierter Zeitungen auf Online-Märkten gilt die Sicherung des Anzeigenmarktes, insbesondere der Stellenanzeigen sowie des Kfz- und Immobilienhandels. Wenn das derzeit unprofitable Feld nicht kampflos neuen Marktteilnehmern überlassen wird, kann das als Indiz für ein gewisses Maß an Hoffnung gewertet werden, dass sich das Blatt in ökonomischer Sicht eines Tages zum guten wenden könnte. Insgesamt ist der Online-Werbemarkt noch unbedeutend. Im Jahr 2003 betrug er nach Angaben von Nielsen Media Research in Deutschland gerade einmal 1,5 Prozent des Gesamtwerbevolumens.
Kosten- und Erlösstrukturen
Betrachtet man die Kostenstruktur von Online-Zeitungen entlang der Wertschöpfungskette (vgl. Schlegel, 2002) finden sich auffallende Parallelen zur klassischen Zeitung. Die Herstellung der Urausgabe ist weitgehend von Personalfixkosten bestimmt. Das Sammeln, Aufbereiten und Bündeln von Inhalten wird von meist angestellten Online-Redakteuren bewerkstelligt. Auch im Bereich der Endkundenbetreuung entstehen überwiegend feste Personalkosten. Variabel sind die Kosten lediglich bei der Bereitstellung der Inhalte im Internet. Kostenfaktoren sind beispielsweise die Bandbreite der Internetanbindung, der erforderlicher Speicherplatz oder die zeitliche Verfügbarkeit der Online-Anwendung.
Diesen Kosten stehen nun einerseits Erlöse über die Mehrfachverwertung von Inhalten gegenüber. Fast jede große Online-Tageszeitung bietet beispielsweise inzwischen ein kostenpflichtiges Archiv zur Online-Recherche an. Im Wirtschaftsbereich haben sich kostenpflichtige Dienstleistungen wie Online-Aktiendepots und Archive etabliert.
Weitere Erlösmöglichkeiten bieten eigene E-Commerce-Angebote wie der Handel mit Büchern und Musik. Da diese Bereiche allerdings traditionell selten zum Kerngeschäft von Zeitungsverlagen gehören, ist ein Einstieg mit einem aufwändigen Aufbau interner Strukturen erforderlich. Viele Anbieter gehen deshalb den Weg über Zukäufe oder strategische Allianzen mit bestehenden Anbietern.
Das wichtigste Standbein stellt jedoch die Vermarktung von Online-Werbeflächen, insbesondere durch Bannerwerbung dar. Da sich die Berechnung der Entgelte für geschaltete Banner in der Regel an der nachgewiesenen Anzahl der physischen Kontakte berechnet (wie im Print-Bereich wird meist ein sogenannte Tausender-Kontaktpreis zugrunde gelegt), spielt die Reichweite und Bekanntheit der Online-Zeitung eine entscheidende Rolle. Denn je mehr Besucher sich auf den Online-Seiten tummeln, desto höher ist die Anzahl der hergestellten Kontakte mit dem Banner und die Wahrscheinlichkeit Interessenten zu finden, die auf Banner klicken um auf das Angebot des Anbieters zu gelangen. Je größer die Reichweite des Angebotes, desto günstiger ist wiederum der Preis pro Kontakt für den Werbekunden.
Dieses als „Anzeigen-Auflagen-Spirale“ bekannt gewordenes Phänomen greift auch im Online-Bereich. Mit sinkender Reichweite erhöhen sich bei nahezu unveränderten Kosten entweder die Preise für Online-Werbung oder die Werbeeinnahmen gehen zurück. Mit dauerhaft sinkenden Erlösen wiederum gelingt es kaum über die Qualität der Inhalte eine starke Markenbindung zu den Lesern aufzubauen oder direkt in den Ausbau von Reichweite zu investieren.
Wege aus der Krise
Ein Weg aus dem Finanzierungs-Dilemma der Online-Journalismus scheint die Kombination aus bezahlten Inhalten (sogenannter Paid Content) und Dienstleistungen wie der Handel mit Büchern und Eintrittskarten zu sein. In einigen Bereichen wie der kostenpflichtigen Archivnutzung oder Inanspruchnahme von Wirtschaftsdiensten wie Börsenberichte und virtuelle Aktiendepots gegen Bezahlung scheint die Rechnung aufzugehen. Überall dort, wo jedoch Information mit geringen Zeitaufwand kostenlos beschafft werden können, sinkt die Bereitschaft zur Annahme derlei Angebote. Hier ist eine Schärfung des Anbieterprofils wie durch Exklusivität und Qualität gefragt. Preispolitische Instrumente z.B. Mengenrabatte oder Preisstaffelung nach Art des Inhaltes werden nach einer Studie der Schweizer Beratungsfirma Fittkau & Maaß (2004) derzeit kaum genutzt. Über Mengenrabatte lassen sich jedoch Umsätze je Transaktion und Kunde teilweise vervielfachen.
Elektronische Zahlungsmittel
Neben der Angebotsvielfalt und mangelnder Exklusivität bestand lange Zeit eine Lücke in der wirtschaftlichen Abrechnung von Kleinbeträgen in niedrigen Euro-Cent-Bereich z.B. zum Kauf einzelner Zeitungsartikel. Außerdem erwarten Anwender ein hohes Maß an Sicherheit, Anonymität und Benutzerfreundlichkeit bei Online-Transaktionen (Robben, 2001). Eine Umfrage der Universität Karlsruhe ergab beispielsweise eine immer noch relativ niedrige Akzeptanz von verschlüsselte Kreditkartenzahlung von etwa 40 Prozent. Die Zahlung auf Rechnung wäre für 80 Prozent der Befragten das Zahlungsmittel der Wahl.
Fazit
Nach der „Sturm-und-Drang“ Phase haben sich Verlage auf ihre unternehmerischen Kernkompetenzen zurückbesonnen und eine Reihe zukunftsträchtiger Geschäftsmodelle für den Online-Bereich entwickelt. Da wirtschaftliche Entwicklungen oft zyklisch verlaufen bleibt derzeit offen, welche Formen des Online-Journalismus sich in den nächsten Generationen von Internet-Anwendungen dauerhaft etablieren werden.
Literatur
1. Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung der Universität Karlsruhe (2002). Ausgewählte Ergebnisse der Online der Online-Umfrage IZV5, Stand 22.11.2002, http://www.iww.uni-karlsruhe.de/izv5/IZV5Ergebnisse.pdf
2. Pürer, H. (2004). Praktischer Journalismus. Presse – Radio – Fernsehen – Online. Konstanz: UVK.
3. Robben, M. (2001). ePayment: Alte Besen kehren noch am besten, Stand 22.02.2001, http://www.ecin.de/zahlungssysteme/epayment/
4. Schlegel, M. (2002). Marketing-Instrumente für Online-Zeitungen. München: Fischer.
5. Stahl, F., Siegel, F. & Maas, W. (2004). Paid Content – Paid Services. St. Gallen: First Gate.
6. Vogel, A. (2001). Die tägliche Gratispresse. Ein neues Geschäftsmodell für Zeitungen in Europa. In: Media Perspektiven, 11/2001, 576-586.
„Is Paid Content King?“
Etwa zehn Jahre sind seit dem ersten Internet-Boom Mitte der 1990er Jahre vergangen. Der Goldgräberstimmung während der Pionierzeit folgte insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht Ernüchterung. Galt beispielsweise lange die Devise „Content is King“ in Online-Redaktionen als richtungsweisend, stellt sich heute mehr denn je die Frage nach tragfähigen Geschäftsmodellen. Denn bisher erwirtschaftet noch keine einzige in Deutschland erscheinende Online-Zeitung Gewinne aus eigener Geschäftstätigkeit. Betrieb und Investitionen in Qualität und Reichweiten bleibt somit weiterhin ein Subventionsgeschäft (vgl. Vogel, 2001).
Strategische Neuorientierung
Weshalb gibt es also all die Angebote, für deren Erstellung die Anbieter Kapital einsetzen aber auf absehbare Zeit nicht wiedergewinnen können? Zu den Hauptgründen für die Online-Präsenz von Tageszeitungen gehört nach Pürer (2004) in erster Linie der Erhalt des Stammgeschäfts beispielsweise durch Cross-mediale Bereitstellung und Mehrfachverwertung von Inhalten zur Stärkung der Leser-Blatt-Bindung.
Als zweite strategische Hauptzielsetzung bei der Positionierung etablierter Zeitungen auf Online-Märkten gilt die Sicherung des Anzeigenmarktes, insbesondere der Stellenanzeigen sowie des Kfz- und Immobilienhandels. Wenn das derzeit unprofitable Feld nicht kampflos neuen Marktteilnehmern überlassen wird, kann das als Indiz für ein gewisses Maß an Hoffnung gewertet werden, dass sich das Blatt in ökonomischer Sicht eines Tages zum guten wenden könnte. Insgesamt ist der Online-Werbemarkt noch unbedeutend. Im Jahr 2003 betrug er nach Angaben von Nielsen Media Research in Deutschland gerade einmal 1,5 Prozent des Gesamtwerbevolumens.
Kosten- und Erlösstrukturen
Betrachtet man die Kostenstruktur von Online-Zeitungen entlang der Wertschöpfungskette (vgl. Schlegel, 2002) finden sich auffallende Parallelen zur klassischen Zeitung. Die Herstellung der Urausgabe ist weitgehend von Personalfixkosten bestimmt. Das Sammeln, Aufbereiten und Bündeln von Inhalten wird von meist angestellten Online-Redakteuren bewerkstelligt. Auch im Bereich der Endkundenbetreuung entstehen überwiegend feste Personalkosten. Variabel sind die Kosten lediglich bei der Bereitstellung der Inhalte im Internet. Kostenfaktoren sind beispielsweise die Bandbreite der Internetanbindung, der erforderlicher Speicherplatz oder die zeitliche Verfügbarkeit der Online-Anwendung.
Diesen Kosten stehen nun einerseits Erlöse über die Mehrfachverwertung von Inhalten gegenüber. Fast jede große Online-Tageszeitung bietet beispielsweise inzwischen ein kostenpflichtiges Archiv zur Online-Recherche an. Im Wirtschaftsbereich haben sich kostenpflichtige Dienstleistungen wie Online-Aktiendepots und Archive etabliert.
Weitere Erlösmöglichkeiten bieten eigene E-Commerce-Angebote wie der Handel mit Büchern und Musik. Da diese Bereiche allerdings traditionell selten zum Kerngeschäft von Zeitungsverlagen gehören, ist ein Einstieg mit einem aufwändigen Aufbau interner Strukturen erforderlich. Viele Anbieter gehen deshalb den Weg über Zukäufe oder strategische Allianzen mit bestehenden Anbietern.
Das wichtigste Standbein stellt jedoch die Vermarktung von Online-Werbeflächen, insbesondere durch Bannerwerbung dar. Da sich die Berechnung der Entgelte für geschaltete Banner in der Regel an der nachgewiesenen Anzahl der physischen Kontakte berechnet (wie im Print-Bereich wird meist ein sogenannte Tausender-Kontaktpreis zugrunde gelegt), spielt die Reichweite und Bekanntheit der Online-Zeitung eine entscheidende Rolle. Denn je mehr Besucher sich auf den Online-Seiten tummeln, desto höher ist die Anzahl der hergestellten Kontakte mit dem Banner und die Wahrscheinlichkeit Interessenten zu finden, die auf Banner klicken um auf das Angebot des Anbieters zu gelangen. Je größer die Reichweite des Angebotes, desto günstiger ist wiederum der Preis pro Kontakt für den Werbekunden.
Dieses als „Anzeigen-Auflagen-Spirale“ bekannt gewordenes Phänomen greift auch im Online-Bereich. Mit sinkender Reichweite erhöhen sich bei nahezu unveränderten Kosten entweder die Preise für Online-Werbung oder die Werbeeinnahmen gehen zurück. Mit dauerhaft sinkenden Erlösen wiederum gelingt es kaum über die Qualität der Inhalte eine starke Markenbindung zu den Lesern aufzubauen oder direkt in den Ausbau von Reichweite zu investieren.
Wege aus der Krise
Ein Weg aus dem Finanzierungs-Dilemma der Online-Journalismus scheint die Kombination aus bezahlten Inhalten (sogenannter Paid Content) und Dienstleistungen wie der Handel mit Büchern und Eintrittskarten zu sein. In einigen Bereichen wie der kostenpflichtigen Archivnutzung oder Inanspruchnahme von Wirtschaftsdiensten wie Börsenberichte und virtuelle Aktiendepots gegen Bezahlung scheint die Rechnung aufzugehen. Überall dort, wo jedoch Information mit geringen Zeitaufwand kostenlos beschafft werden können, sinkt die Bereitschaft zur Annahme derlei Angebote. Hier ist eine Schärfung des Anbieterprofils wie durch Exklusivität und Qualität gefragt. Preispolitische Instrumente z.B. Mengenrabatte oder Preisstaffelung nach Art des Inhaltes werden nach einer Studie der Schweizer Beratungsfirma Fittkau & Maaß (2004) derzeit kaum genutzt. Über Mengenrabatte lassen sich jedoch Umsätze je Transaktion und Kunde teilweise vervielfachen.
Elektronische Zahlungsmittel
Neben der Angebotsvielfalt und mangelnder Exklusivität bestand lange Zeit eine Lücke in der wirtschaftlichen Abrechnung von Kleinbeträgen in niedrigen Euro-Cent-Bereich z.B. zum Kauf einzelner Zeitungsartikel. Außerdem erwarten Anwender ein hohes Maß an Sicherheit, Anonymität und Benutzerfreundlichkeit bei Online-Transaktionen (Robben, 2001). Eine Umfrage der Universität Karlsruhe ergab beispielsweise eine immer noch relativ niedrige Akzeptanz von verschlüsselte Kreditkartenzahlung von etwa 40 Prozent. Die Zahlung auf Rechnung wäre für 80 Prozent der Befragten das Zahlungsmittel der Wahl.
Fazit
Nach der „Sturm-und-Drang“ Phase haben sich Verlage auf ihre unternehmerischen Kernkompetenzen zurückbesonnen und eine Reihe zukunftsträchtiger Geschäftsmodelle für den Online-Bereich entwickelt. Da wirtschaftliche Entwicklungen oft zyklisch verlaufen bleibt derzeit offen, welche Formen des Online-Journalismus sich in den nächsten Generationen von Internet-Anwendungen dauerhaft etablieren werden.
Literatur
1. Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung der Universität Karlsruhe (2002). Ausgewählte Ergebnisse der Online der Online-Umfrage IZV5, Stand 22.11.2002, http://www.iww.uni-karlsruhe.de/izv5/IZV5Ergebnisse.pdf
2. Pürer, H. (2004). Praktischer Journalismus. Presse – Radio – Fernsehen – Online. Konstanz: UVK.
3. Robben, M. (2001). ePayment: Alte Besen kehren noch am besten, Stand 22.02.2001, http://www.ecin.de/zahlungssysteme/epayment/
4. Schlegel, M. (2002). Marketing-Instrumente für Online-Zeitungen. München: Fischer.
5. Stahl, F., Siegel, F. & Maas, W. (2004). Paid Content – Paid Services. St. Gallen: First Gate.
6. Vogel, A. (2001). Die tägliche Gratispresse. Ein neues Geschäftsmodell für Zeitungen in Europa. In: Media Perspektiven, 11/2001, 576-586.
cyborg68 - 29. Mai, 12:34
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